Abmahnung wegen Google Fonts erhalten? (aktualisiert)

Bitte beachten Sie die neuen Informationen am Ende des Beitrags.

Aktuell gibt es eine beispiellose Abmahnwelle: Zehntausende Betreiber von Websites erhalten „Abmahnungen“, weil sie Google Fonts auf ihren Websites nutzen und dadurch Besucherdaten an Google übertragen werden. Bekannt sind aktuell vor allem zwei Kanzleien aus Berlin und Meerbusch, weitere Trittbrettfahrer könnten folgen.

Aufgrund eines Urteils des LG München wird die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Geschädigten bemängelt und die Unterlassung sowie die Zahlung eines Betrags gefordert.

Klar ist: Die Nutzung von Google Fonts kann datenschutzrechtlich problematisch sein, mehr dazu unten.

Bei den Massenabmahnungen liegt laut zahlreichen seriösen Anwälten allerdings der Verdacht nahe, dass die Abmahner mit automatisierten Crawlern gezielt das Web nach Websites durchsuchen lassen, die Google Fonts nicht lokal eingebunden haben. Dann könnten die Abmahnungen nicht nur rechtsmissbräuchlich sein, sondern es könne auch massenhafter Betrug aus finanziellen Interessen vorliegen (auch wenn tatsächlich Fonts von Google geladen werden!). Die geforderten Beträge liegen unterhalb von anwaltlichen Stundensätzen, werden also sicherlich von vielen Abgemahnten einfach gezahlt.

Was sind Google Fonts?

Google Fonts sind (aktuell knapp 1.500) Schriftarten, welche Google zur freien Verwendung auf Websites bereitstellt. Wir nutzen für den Text, den Sie gerade lesen, den Google Font „Montserrat“.

Wo liegt das Problem?

Google Fonts können direkt in eine Website eingebunden werden, ohne dass man sie auf seinem Webserver ablegen muss. Das ist sehr bequem, allerdings werden die Schriftarten dann bei jedem Besuch von Google-Servern angefordert / geladen, wobei Daten wie IP-Adressen an Google übertragen werden.

Es ist möglich, die verwendeten Schriftarten auf dem eigenen Server abzulegen. Dabei gibt es keine Verbindung zu Google und damit datenschutzrechtlich keine Probleme. Aber:

Wo befinden sich Google Fonts?

Google Fonts werden im Rahmen von Webdesign verwendet und meist direkt von den Themes geladen. Aber auch wenn man die Schriftarten lokal lädt, könnten weitere trotzdem von Google kommen:

  • wenn man eine Karte von Google Maps auf der Website eingebunden hat, werden Google Fonts für die Kartenbeschriftungen geladen
  • wenn man YouTube-Videos eingebettet hat, für die Beschriftung von Videos und Steuerelementen
  • bei der Verwendung von reCaptcha
  • oder unbemerkt durch Plugins

Was tun?

Zunächst überprüfen (oder überprüfen lassen), ob auf der eigenen Website Google Fonts direkt von Google geladen werden: über Browser-Entwicklertools, den Quelltext oder Dienste wie Google Fonts Scanner.

Aber Achtung: Es kann sein, dass auf der Startseite keine Google Fonts geladen werden, auf einer Unterseite aber schon, weil z.B. auf der Kontaktseite eine Karte von Google Maps eingebunden ist. Die Abmahner (bzw. deren Crawler) finden diese Seiten.

Die Google Fonts und andere Google-Dienste sollten dann rechtssicher eingebunden oder entfernt werden.

Unabhängig davon, ob Google Fonts tatsächlich extern geladen wurden bzw. werden, sollte man auf die Abmahnung reagieren… oder auch nicht.

Laut eRecht24 gibt es fünf Möglichkeiten (die aber im Einzelfall betrachtet werden sollten):

  1. einfach zahlen (Anmerkung: damit unterstützt man ggf. Rechtsmissbrauch und Betrug)
  2. einen Anwalt einschalten
  3. nichts tun, aber die Entwicklung im Auge behalten
  4. selbst Verhandlungen aufnehmen
  5. den Spieß umdrehen und negative Feststellungsklage erheben

Hier der Beitrag zum Thema:
Achtung Abmahnung: Prüfen Sie jetzt die Einbindung von Google Fonts

Darüber hinaus bietet die Kanzlei WBS ein Musterschreiben an.

Ein weiterer lesenswerter Beitrag von anwalt.de:
Schmerzensgeld wegen der Verwendung von Google-Fonts

Sehr umfangreiche FAQ von Rechtsanwalt Schwenke:
Abmahnung wegen Google Fonts erhalten? Ratgeber mit FAQ, Beispielen und Musterantwort

Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt wegen Betrug und Erpressung

In einem Verfahren gegen zwei Beschuldigte – einen 53‑jährigen Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in Berlin und dessen 41‑jährigen Mandanten, dem angeblichen Repräsentanten einer „IG Datenschutz“ – wurden heute wegen des Verdachts des (teils) versuchten Abmahnbetruges und der (versuchten) Erpressung in mindestens 2.418 Fällen durch die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft Berlin Durchsuchungsbeschlüsse in Berlin, Hannover, Ratzeburg und Baden-Baden sowie zwei Arrest­beschlüsse mit einer Gesamtsumme vom 346.000 Euro vollstreckt.

21.12.2022, Quelle: berlin.de

Zu möglichen Hintermännern und der Kanzlei in Meerbusch liegen noch keine Informationen vor.

(Beitrag zuletzt aktualisiert am 10.01.23)

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